Erbbaurecht
Was ist das Erbbaurecht?
Bei Erbbaurecht handelt es sich um das Recht, eine Immobilie auf einem fremden Grundstück zu bauen bzw. zu erwerben. In dieser speziellen Konstellation erteilt der Eigentümer des Grundstückes einem Dritten, dem sogenannten Erbbaurechtnehmer, ein Recht zur Nutzung des Grundstückes. Der Eigentümer wird in diesem Fall auch als Erbbaurechtgeber bezeichnet. Mit dieser besonderen Konstruktion wird der Erbbaurechtnehmer in die Lage versetzt, das "fremde" Grundstück zu bebauen oder die bestehende Immobilie zu nutzen bzw. zu kaufen. Das betreffende Grundstück wird in diesem Zusammenhang gepachtet.
Im Rahmen des Erbbaurechts wird ein Erbbaurechtsvertrag abgeschlossen, welcher immer eine Laufzeit enthält. Diese Laufzeit kann frei zwischen den Parteien vereinbart werden. Im Regelfall sind Laufzeiten zwischen 50 und 99 Jahren üblich.
Gesetzlich ist das Erbbaurecht in Deutschland im Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) verankert. Formal wird das Erbbaurecht zur Gültigkeit immer in das klassische Grundbuch in Abteilung II eingetragen. Ergänzend dazu wird ein separates Erbbaugrundbuch angelegt und eine entsprechende Eintragung vorgenommen.
Wie erfolgt die Bezahlung und welche formellen Anforderungen sind existent?
Für die Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks und der ggf. vorhandenen Immobilie wird von dem Immobilieneigentümer eine Art Miete an den Grundstückseigentümer entrichtet. Die Zahlung erfolgt üblicherweise jährlich. Der früher als Erbpacht bezeichnete Zins ist häufig auch als Erbbauzinse bekannt. Je nach vertraglicher Vereinbarung richtet sich die Höhe der zu entrichtenden "Miete" nach dem Bodenwert des Grundstückes. Üblich sind 3 bis 5 Prozent des Bodenwertes als Erbbauzins per Anno. Grundsätzlich muss jedes Erbbaurecht mit einem Erbbaurechtsvertrag schriftlich fixiert und notariell beglaubigt werden. In dieser Konstellation bestehen die analogen Anforderungen zu einer Kaufvertragsabwicklung über eine Immobilie.
Was sind die Vorzüge von Erbbaurecht?
Die Anwendung des Erbbaurechts kann in unterschiedlichen Konstellationen genutzt werden. Als Vorteil erweist sich diese Variante, insofern der künftige Immobilieneigentümer über wenig Eigenkapital verfügt. In diesem Fall muss kein Kapital für das Grundstück aufgebracht werden. Somit wird die Finanzierung für die betreffende bzw. noch zu errichtende Immobilie deutlich günstiger, da das Grundstück oftmals einen großen finanziellen Anteil hat. Grundsätzlich ist über die gesamte Dauer ein Erbbaurecht im Regelfall teurer, als sich ein eigenes Grundstück zu kaufen. Entscheidender Vorteil ist jedoch, dass die Erstinvestitionen deutlich geringer sind.
Bei einem Beispiel von einem Grundstückswert in Höhe von 200.000 Euro, einem Erbbauzins von 4 Prozent und einer Laufzeit von 60 Jahren, beträgt die jährliche Miete 8.000 Euro. Nach 60 Jahren kommt somit insgesamt eine Summe von 480.000 zusammen, wobei das Grundstück einen Wert von 200.000 Euro hat. Letztlich geht das Grundstück nach der vereinbarten Laufzeit ohne vertraglich fixierte Nutzungsmöglichkeit wieder vollständig an den bisherigen Eigentümer.
Vorteilhaft ist dabei die höhere Möglichkeit an eine geeignete Immobilie zu kommen. Dank der geringeren Investitionen und der damit höheren Investitionschancen bei der Immobilienfinanzierung steigen die Chancen an ein Grundstück zu kommen. Somit kann auch bei fehlendem eigenem Grundstück bzw. fehlenden Angeboten, die Möglichkeit eines Eigenheims realisiert werden.
Welche Mitspracherechte hat der Erbbaurechtgeber bei dem Erbbaurecht?
Da der Eigentümer des Grundstücks auch der Erbbaurechtsgeber ist, hat dieser vielfältige Möglichkeiten mitzubestimmen. Grundsätzlich ist dabei bei jeder Mitbestimmung eine Begründung erforderlich. Insofern sich die beiden Vertragsparteien nicht einigen können, ist eine Gerichtsentscheidung notwendig, um zu bewerten, ob die Gründe des Erbbaurechtsgebers ausreichend sind.
Der Erbbaurechtsgeber kann bspw. mit entscheiden, ob einer Weitervermietung der Immobilie erfolgen darf, ob Ausbau- bzw. Umbauarbeiten vorgenommen werden dürfen, in welcher Höhe die Immobilie beliehen werden darf und inwiefern sonstige bauliche Veränderungen an der Immobilie vorgenommen werden dürfen.
Besonders zu betrachten sind dabei auch die Optionen in Bezug auf die maximale Beleihungshöhe bzw. im Zusammenhang mit der Finanzierung. Bspw. können die Erbbaugeber notwendige Unterschriften verweigern bzw. verzögern oder in diesem Zusammenhang Sonderzahlungen fordern.
Welche laufenden Kosten sind zu betrachten?
Innerhalb eines Erbbaurechtsvertrages können verschiedene Parameter individuell vereinbart werden. Grundsätzlich ist der Immobilieneigentümer verpflichtet, einen vereinbarten Erbbauzins regelmäßig zu zahlen. Weiterhin ist eine vertraglich fixierte Versicherungspflicht der Immobilie durch den Erbbaurechtnehmer üblich. Dahingehend muss der Eigentümer der Immobilie diese auch ausreichend versichern und umfassend gegen potenzielle Schäden absichern. Zu den laufenden Kosten zählen ergänzend dazu die Zahlung der Grundsteuer sowie die Kosten für die regelmäßig Instandhaltung der Immobilie. Die Erhaltung in einem guten Zustand ist ebenfalls häufig Vertragsbestandteil, damit es zu keiner Verwahrlosung kommt und die Immobilie stets in gutem Zustand erhalten bleibt. Insofern das Grundstück noch unbebaut ist, muss der Erbbaurechtnehmer auch für die Zahlung der potenziell anfallenden Erschließungskosten aufkommen.
Wann erlischt das Erbbaurecht?
Grundsätzlich erlischt das Erbbaurecht nicht, wenn es zu einem Verkauf, einer Erbschaft, einer Beleihung oder einer Übertragung kommt.
Zu einer Beendigung kommt es, wenn die vertraglich vereinbarte Dauer des Vertrages abgelaufen ist. Wenn der Erbbauvertrag ausläuft, kommt es automatisch zum Übergang der Immobilie auf den Erbbaurechtgeber. Analog dazu verhält es sich, wenn eine Immobilie mit bestehendem Erbbaurecht gekauft und der Vertrag des Vorbesitzers übernommen wird. Es wird auch im Rahmen des Hauskaufs keine Laufzeit im Erbbaurecht zurückgesetzt.
Das weitere Szenario einer Beendigung des Erbbaurechts ist der sogenannte "Heimfall". Dieser Fall kann bei groben Verstößen gegen die vertraglich vereinbarten Modalitäten vollzogen werden. Insofern der vertraglich vereinbarten Erbbauzins mindestens zwei Jahre nicht gezahlt wird, kann der Erbbaurechtgeber ebenfalls eine Kündigung in Schriftform aussprechen. In diesem Fall geht die auf dem Grundstück befindliche Immobilie automatisch in den Besitz des Erbbaurechtgebers über. Für die Nichteinhaltung der vertraglichen Vereinbarungen muss der Erbbaurechtnehmers eine Entschädigung zahlen, welche vertraglich fixiert ist. Üblicherweise beträgt diese Entschädigungssumme zwischen 65 und 80 Prozent des Verkehrswertes. Gesetzlich ist der Heimfall in den Paragrafen 2 bis 4 des ErbbauRG geregelt.
Kann der Erbbauzins angepasst werden?
Grundsätzlich ist gesetzlich fixiert, dass eine Erhöhung des Erbbauzinses alle drei Jahre realisiert werden kann. Je nach vertraglicher Vereinbarung ist es möglich, sich an dem Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes zu orientieren. Eine Erhöhung darf allgemein nur dann erfolgen, wenn es zu einer Änderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse kam.
Wo finden Erbbaurechtsverträge häufig Anwendung?
Grundsätzlich können die Erbbaurechtsverträge in jeglicher Konstellation von den Eigentümern genutzt werden. In Deutschland sind die meisten Erbbaurechtsverträge im Bereich des Immobilien- bzw. Grundstückseigentums von Kommunen oder Kirchen existent. Üblicherweise wollen die Kirchen und Kommunen die eigenen Grundstücke nicht verkaufen und verlängern oftmals die bestehenden Verträge bei Interesse.