Bauen mit Hanf – ein echtes Multitalent
Hanf hat als Nutzpflanze eine Jahrtausende lange Tradition. Schon vor mehr als 5.000 Jahren wurden die überaus robusten und langlebigen Fasern für die Herstellung von Kleidung, Segeltuch, Säcken und Seilen genutzt. Seit einiger Zeit kommen Hanffasern auch im ökologischen Hausbau zum Einsatz. Der vielseitige pflanzliche Rohstoff lässt sich nicht nur als Baustoff in Form von Hanfbeton und Hanfsteinen verarbeiten, sondern auch als natürlicher Dämmstoff etwa im Holzbau für Wände und Dächer.
Vorteile von Hanf als Baustoff
Sowohl bei der Produktion als auch bei der Verwendung als Baustoff bringt Hanf einige bedeutsame Vorteile mit sich:
- Nachhaltiger Anbau. Hanfpflanzen sind anspruchslos, benötigen nur wenig Wasser und können ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Kunstdünger oder künstlicher Bewässerung in vielen Regionen der Erde angebaut werden.
- Schnelle Verfügbarkeit. Während Bäume über Jahrzehnte hinweg wachsen müssen, bis sie gefällt und zu Baustoff verarbeitet werden können, ist Hanf dank des schnellen Wachstums von bis zu vier Metern in drei Monaten innerhalb kurzer Zeit verfügbar.
- Effiziente Verarbeitung. Bei der Herstellung von Hanffasern für Baustoffe kann fast die komplette Pflanze mit geringem Energieaufwand verarbeitet werden.
- Gute Eigenschaften als Baustoff. Hanffasern sind schwer entflammbar, halten bei richtiger Verarbeitung mehr als 100 Jahre, werden von Nagetieren gemieden und sorgen mit ihren feuchtigkeitsausgleichenden Eigenschaften für ein angenehmes Raumklima.
Nutzhanf ist keine Droge
Wer beim Begriff Hanf an die Droge Cannabis denkt, liegt zwar nicht ganz falsch, weil botanisch alle Hanfsorten der Gattung „Cannabis“ angehören. Doch für die Drogenherstellung eignen sich nur spezielle Sorten mit hohem Gehalt an berauschendem THC. Nutzhanf hat hingegen einen minimalen THC-Gehalt und lässt sich somit nur für die Herstellung von Fasern und Gewebe verwenden – und diesen dürfen landwirtschaftliche Betriebe anbauen.
Wo kann ich Hanf beim Bau überall einsetzen?
Die einfach zu verarbeitenden Hanffasern haben zwei wichtige bautechnische Eigenschaften: Sie sind extrem reißfest und können gute Wärmedämmwerte vorweisen. Dadurch sind sie richtige Multitalente beim Bau von Ökohäusern.
Hanfbeton und Hanfsteine
Der Begriff „Hanfbeton“ ist etwas irreführend, weil neben dem Hanf nicht der im herkömmlichen Beton enthaltene Zement, sondern natürlich vorkommender Kalk zum Einsatz kommt. Weil Kalk im Gegensatz zu Zement nicht bei hohen Temperaturen gebrannt werden muss und in den Hanffasern das während des Pflanzenwachstums gebundene Kohlendioxid enthalten ist, hat Hanfkalk eine hervorragende CO2-Bilanz. Das Gemisch aus Hanf und Kalk lässt sich auch in Steine gießen, die mechanisch durch Vibration und Druck verdichtet werden.
Allerdings sind Hanfbeton und -steine im Vergleich zu Beton oder Ziegelsteinen weitaus weniger belastbar, sodass beim Hanfbau eine zusätzliche Tragkonstruktion – beispielsweise in Form der Holzständerbauweise – erforderlich ist. Das Baumaterial aus Hanf füllt dann ähnlich wie beim Fachwerkhaus die Räume zwischen den tragenden Balken.
Hanf-Dämmstoffe
Hanffasern haben sehr gute Isoliereigenschaften, sodass sich Hanf sehr gut für die Wärmedämmung eignet. Je nach Einsatzgebiet sind im ökologischen Baustoffhandel Stopfwolle, Nadelfilzrollen oder Dämm-Matten erhältlich.
Hanf-Lehm
Hanf und Lehm sind ein Duo, dessen positive Eigenschaften sich gegenseitig ergänzen. So lassen sich beide Grundstoffe zu Trockenbauplatten verarbeiten, die im Innenausbau eine ökologische Alternative zu Gipskartonplatten darstellen und im Raum für den Ausgleich der Luftfeuchtigkeit sorgen. Unter Beimischung von Kalk und Lehm lassen sich Hanfputze herstellen, die sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich geeignet sind. Auch bei der Trittschalldämmung lässt sich Hanf ideal mit Lehmgranulat kombinieren. Hanf wirkt schalldämmend und ist leichtgewichtig, während das Lehmgranulat für die notwendige Druckbelastbarkeit sorgt.
Was kostet ein Haus aus Hanf?
Da ein Eigenheim bei Größe, Zuschnitt und Ausstattung viele individuelle Merkmale aufweist, lassen sich die Kostenunterschiede zwischen einem Haus in konventioneller Bauweise und einem Hanfhaus nicht pauschal beziffern. Grundsätzlich ist jedoch der Einsatz von Hanf mit gewissen Mehrkosten verbunden. So ist die Errichtung eines Gebäudes in Holzständerbauweise und Ausfachung der Zwischenräume mit Hanfbeton oder Hanfsteinen recht arbeitsintensiv, was zu entsprechenden Kostensteigerungen führt. Bei den Dämmstoffen liegen die Preise für Hanfprodukte ungefähr auf dem Niveau anderer pflanzlicher oder ökologischer Dämmstoffe. Konventionelle Dämmstoffe wie Hartschaum oder Polystyrol sind hingegen in der Anschaffung billiger.
Bauherren, die Häuser in Hanfbauweise errichtet haben, berichten häufig von Mehrkosten zwischen 10 und 20 % im Vergleich zur konventionellen Bauweise. Das bedeutet konkret: Würde ein Einfamilienhaus in herkömmlicher Bauart 500.000 Euro kosten, müsste der Bauherr für die ökologische Variante unter Verwendung von Hanfbeton oder Hanfsteinen mit ungefähr 550.000 bis 600.000 Euro rechnen. Um eine konkrete Vorstellung der Kosten zu erhalten, empfiehlt es sich, schon bei den ersten Entwürfen eine Vergleichsrechnung des Architekurbüros anzufordern.
Warum Sie gerade jetzt auf Hanf setzen sollten
Trotz der höheren Baukosten ist es sinnvoll, beim Hausbau auf natürliche Baustoffe wie Hanf zu setzen. Dafür sprechen vor allem die folgenden Argumente:
- Persönlicher Beitrag. Mit dem Ersatz energie- und rohstoffintensiver Baustoffe durch natürliche Alternativen wie Hanf leisten Sie einen persönlichen Beitrag zum Umweltschutz und zur Vermeidung von CO2-Emissionen.
- Wohnklima. Natürliche Baustoffe sorgen für ein angenehmes und ausgeglichenes Wohnklima.
- Werterhalt. Natürliche und langlebige Baustoffe sind eine gute Basis für die Wertbeständigkeit der Immobilie – vor allem dann, wenn sich damit bei einem späteren Wiederverkauf ökologisch orientierte Interessenten ansprechen lassen.
- Vermeidung von Altlasten. Natürliche Baustoffe wie Hanf vermeiden auf lange Sicht problematische Abfälle und Sondermüll, weil sie sich problemlos recyceln oder entsorgen lassen, wenn irgendwann einmal eine umfassende Sanierung oder der Abriss bevorsteht.
Bauen mit Hanf: Baustoff der Zukunft oder nur ein Trend?
Weil sich Hanf ab einem bestimmten Gehalt an dem berauschenden Stoff THC auch zu Drogen verarbeiten lässt, war der Anbau in Deutschland lange verboten. Dies galt auch lange Zeit weitgehend für Nutzhanf, der mangels THC für den Cannabis-Konsum untauglich ist.
Doch nun sind Politik und Landwirtschaftsverbände dabei, den Anbau von Nutzhanf insbesondere auch als Grundstoff für die Herstellung von Baustoffen zu forcieren. Damit könnte sich das Nischenprodukt schnell als Multitalent im Kreis der ökologischen Baustoffe etablieren, sodass steigende Produktionsmengen und effizientere Bearbeitungsverfahren auch die Preise vergünstigen könnten. In den vergangenen Jahren zeigte sich ein kontinuierliches Wachstum beim Anbau von Hanf in Deutschland.
Auch der technische Fortschritt kann mit dazu beitragen, dass das Bauen mit Hanf nicht nur eine vorübergehende Modeerscheinung bleibt. So forschen beispielsweise Wissenschaftler am Rensselaer Polytechnic Institut in den USA derzeit an einer auf Hanf basierenden Alternative zu Stahlbeton, die ebenso stabil und dabei weitaus klimaschonender herzustellen ist.