Mehrgenerationenhaus – Wohnkonzept für die Zukunft?
In einer Gesellschaft, die sich zunehmend individualisiert und immer mehr Menschen in isolierten Wohnungen oder Häusern leben, gewinnt das Konzept des Mehrgenerationenhauses wieder an Bedeutung. Warum und welche Vorteile bringt das mit sich?
Das Wichtigste im Überblick
- Ein Mehrgenerationenhaus ist eine Wohnform, bei der Menschen unterschiedlicher Altersgruppen gemeinsam in einem Haus oder einer Wohnanlage leben.
- Diese Wohnform ist kostengünstig, profitiert von gegenseitiger Unterstützung sowie Vielfalt und bietet auch gesellschaftlichen Mehrwert.
- Beispiele belegen, dass diese Wohnform funktionieren kann. Es besteht jedoch Konfliktpotential.
- Mehrgenerationenhäuser sind eine nachhaltige, zukunftsträchtige Wohnform.
Was versteht man unter Mehrgenerationenhaus und -wohnen?
Die Idee und die Wurzeln des Mehrgenerationenhauses reichen weit zurück. Früher waren Großfamilien oder eng verbundene Gemeinschaften, in denen mehrere Generationen zusammenlebten, die Norm. Mit der Entwicklung der modernen Gesellschaft änderte sich jedoch das Wohnverhalten. Heutzutage leben viele Familien in separaten Haushalten oder entfernen sich teilweise auch geografisch voneinander, was zu einem Mangel an sozialer Unterstützung und einem Verlust des generationsübergreifenden Zusammenhalts führt.
Ein Mehrgenerationenhaus ist ein Wohnkonzept, das immer mehr an Beliebtheit gewinnt. Hier leben Menschen unterschiedlichen Alters und aus verschiedenen Generationen unter einem Dach. Dabei handelt es sich nicht nur um Familienmitglieder, sondern auch um Freunde oder Bekannte, die sich bewusst entscheiden, zusammenzuleben.
Diese Vorteile bietet ein Mehrgenerationenhaus
- Vielfalt der Bewohner: Jede Generation bringt ihre eigenen Stärken und Erfahrungen ein. Ältere Menschen können ihre Lebensweisheit und ihre Erfahrungen weitergeben, während jüngere Bewohner technisches Know-how und neue Perspektiven einbringen. Kinder profitieren von der liebevollen Betreuung und der Aufmerksamkeit der älteren Generationen, während diese von der Energie und dem Optimismus der Jüngeren lernen können. Das Mehrgenerationenhaus ermöglicht zudem eine Aufteilung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Während ältere Menschen beispielsweise bei der Kinderbetreuung oder im Haushalt unterstützen können, können jüngere Bewohner körperlich anstrengende Arbeiten erledigen, wie im Garten oder den Einkauf. Dies fördert ein Gefühl der Verbundenheit und des gegenseitigen Vertrauens.
- Kosten: Zudem können die Kosten für den Wohnraum geteilt werden, was insbesondere für junge Familien eine finanzielle Entlastung bedeutet.
- gesellschaftlicher Mehrwert: Die Bedeutung von Mehrgenerationenhäusern geht über den individuellen Nutzen für die Bewohner hinaus. Sie spielen auch eine wichtige Rolle in der Gesellschaft. Durch die Schaffung von Gemeinschaften, in denen Menschen aller Altersgruppen zusammenleben, werden soziale Isolation und Vereinsamung bekämpft. Das Mehrgenerationenhaus fördert den Austausch zwischen den Generationen und stärkt den sozialen Zusammenhalt.
Gemeinschaftsflächen – ein zentraler Bestandteil eines Mehrgenerationenhauses
Gemeinschaftsflächen sind Orte, an denen sich alle Bewohner versammeln und gemeinsam Zeit verbringen. Diese zentralen Räume und Bereiche sollen helfen, das gesellschaftliche Zusammenleben zu fördern sowie ein Gefühl des Zusammenhalts schaffen. Gleichzeitig sollen Gemeinschaftsflächen genug Raum bieten, um beispielsweise Hobbys und anderen Aktivitäten nachgehen zu können. Auf diese Art und Weise können Sie Gemeinschaftsflächen nutzen:
Gemeinschaftsraum/Wohnzimmer
Ein Gemeinschaftsraum kann für verschiedene Aktivitäten wie Spielabende, Feiern und andere Veranstaltungen genutzt werden. Hier treffen sich die Bewohner, entspannen sich und unterhalten sich miteinander. Der Gemeinschaftsraum soll ein Ort sein, an dem sich alle Bewohner wohlfühlen und gerne zusammenkommen. Das kann jedoch nur funktionieren, wenn der Gemeinschaftsraum so ausgestattet ist, dass er den Bedürfnissen aller Bewohner gerecht wird.
Gemeinschaftsgarten
Ein Gemeinschaftsgarten kann perfekt zum gemeinsamen Grillen, Gärtnern oder Feiern genutzt werden. Beim Gärtnern, beispielsweise, können die älteren Menschen ihr Wissen zum Gartenbau an die Jüngeren weitergeben, während die jüngeren Menschen ihre kreativen Ideen einbringen und sich an der aktiven Gestaltung des Gartenbaus beteiligen.
Gemeinschaftsküche
Eine Gemeinschaftsküche bietet den Bewohnern die Möglichkeit zum gemeinsamen Kochen und Essen. Das fördert die Kommunikation und den Zusammenhalt zwischen den Bewohnern. Ein Vorteil ist die effizientere Nutzung von Ressourcen, da Geräte zeitgleich genutzt oder gemeinsame Einkäufe geteilt werden können. Durch gemeinsame Koch- oder Backabende können die Bewohner zudem ihre kulinarischen Fähigkeiten verbessern und gleichzeitig voneinander lernen.
Bei der Gestaltung und Planung von Gemeinschaftsflächen in einem Mehrgenerationenhaus ist es wichtig, dass die Bedürfnisse und Vorlieben aller Bewohner berücksichtigt werden. Deshalb sollen die Meinungen und Wünsche aller Bewohner in die Gestaltung solcher Gemeinschaftsfächen einfließen. Nur so können sich alle mit den Gemeinschaftsflächen identifizieren und nutzen diese aktiv.
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Für wen eignet sich dieser Wohntrend?
Ein Mehrgenerationenhaus ist sicherlich nicht für jeden geeignet. Bei Ihrer Entscheidung, ob diese Wohnform etwas für Sie ist, sollten Sie mit bestimmten Herausforderungen rechnen. Konfliktpotential kann aufgrund unterschiedlicher Lebensstile, individuellen Vorlieben und Bedürfnissen sowie aufgrund unterschiedlicher Ansichten und Meinungen entstehen. Es ist daher wichtig, dass alle Bewohner bereit sind, Kompromisse einzugehen und respektvoll miteinander umzugehen. Wer Offenheit, Respekt und Wertschätzung zu seinen Stärken zählt, könnte sich in dieser Wohnform ausprobieren.
Beispiele für Mehrgenerationenhäuser in Deutschland
Falls Sie sich noch unsicher sind, ob dieser Wohntrend etwas für Sie ist, dann schauen Sie gerne mal auf Praxisbeispiele. Sie zeigen gut, wie es funktionieren kann. In Deutschland gibt es mittlerweile zahlreiche Mehrgenerationenhäuser, die als lebendige und integrative Wohnkonzepte gelten:
- Ein Beispiel ist das Mehrgenerationenhaus Wassertor in Berlin-Kreuzberg, das seit 2007 besteht. Hier leben Familien mit Kindern, Singles, Paare und Senioren unter einem Dach. Das Haus bietet nicht nur barrierefreie Wohnungen, sondern auch Gemeinschaftsräume wie eine Küche, ein Café und einen Garten, die von allen Bewohnern genutzt werden können. Auch gemeinsame Aktivitäten wie Kochabende oder Sprachkurse werden hier angeboten.
- Ein weiteres Beispiel ist das Mehrgenerationenhaus in München-Neuaubing, das sich auf dem Gelände eines ehemaligen Krankenhauses befindet. Hier leben verschiedene Generationen in unterschiedlich großen Wohneinheiten zusammen und profitieren von den gemeinsamen Freizeit- und Bildungsangeboten.
Diese Beispiele zeigen, dass Mehrgenerationenhäuser nicht nur eine Antwort auf den demografischen Wandel sind, sondern auch ein Ort der Gemeinschaft und des Zusammenhalts sein können.
Kennen Sie schon das Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus?
Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben hat sich mit dem Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2021 – 2028) zum Ziel gesetzt, „einen Beitrag für gute Entwicklungschancen und faire Teilhabemöglichkeiten für alle in Deutschland lebenden Menschen zu leisten und damit gleichwertige und bessere Lebensverhältnisse in allen Gebieten Deutschlands zu schaffen.“
Weitere Informationen zum Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus.
Ist ein Mehrgenerationenhaus zukunftsträchtig?
In Anbetracht der demografischen Entwicklung und des steigenden Bedarfs an altersgerechtem Wohnraum gewinnt das Mehrgenerationenhaus als Wohnkonzept für die Zukunft immer mehr an Bedeutung. Das Potenzial dieser Wohnform ist groß und es ist zu erwarten, dass sich in Zukunft immer mehr Menschen für ein Leben im Mehrgenerationenhaus entscheiden werden. Bereits 2021 lag laut einer Interhyp Studie der Anteil derer, die sich diese Wohnform vorstellen können, bei 35 %.